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Forderungen (Katalog) des Klubnetz Dresden e.V.

Das Klubnetz Dresden e.V. – die Interessenvertretung Dresdner Clubs und Livemusikspielstätten – fordert die Stadt Dresden sowie den Freistaat Sachsen auf, im Rahmen ihrer Möglichkeiten dafür Sorge zu tragen, Club- und Livemusikspielstättenkultur zu ermöglichen und zu fördern, statt zu verhindern. Wir schließen uns zudem der Stellungnahme der LiveMusikKommission e.V. vom 03.02.2020 sowie entsprechenden Forderungen an, die seitens der Fraktionen BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und FDP an die Bundesregierung adressiert wurden.

1. Förderung des Klubnetz Dresden e.V.

Zur Sicherstellung der internen Organisation, der (über)regionalen Netzwerkarbeit, der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie der Beratung und Weiterbildung von Mitgliedern und weiteren Akteur:innen der Club und Livemusikspielstättenkultur ist die finanzielle Unterstützung unabdingbar.

Wir fordern des Weiteren die Unterstützung bei der Durchführung einer Evaluierungsstudie zur Bedeutung der hiesigen Clubkultur:

  1. für die Wirtschaft und den Tourismus
  2. für die Studienstandortwahl
  3. bei der Wahl des Arbeits- und Lebensstandortes

Obwohl sich die positiven Effekte der Club- Livemusikspielstättenkultur für eine lebenswerte Stadtgesellschaft nicht auf monetäre und zahlenmäßige Aspekte reduzieren lassen, möchten wir dennoch deren strukturelle Vernachlässigung bei der Erhebung entsprechender Daten bemängeln:

2. Anerkennungskultur und Millieuschutz

Von entscheidender Bedeutung für den Erhalt und die Förderung der Club- und Livemusikkultur ist die Anerkennung ihrer Wirkstätten als kulturelle Einrichtungen – im politischen Bewusstsein und im Rechtssinne.

1. Clubs werden als kulturelle Einrichtungen anerkannt. Sie sind rechtlich Konzertsälen, Opern, Theatern und Programmkinos als Kultureinrichtungen gleichzustellen.

2. Clubs, welche kulturelle und künstlerische Zwecke verfolgen, werden in der Baunutzungsverordnung als Anlagen für kulturelle und soziale Zwecke behandelt und nicht als Vergnügungsstätten.

2. in der Baunutzungsverordnung ABauNVOB klarzustellen, dass Clubs und Livemusikspielstätten Anlagen für kulturelle Zwecke sind und sie somit – in Abgrenzung zu Diskotheken – als Kultureinrichtung zu definieren, rechtlich Opern- und Theaterhäusern sowie Programmkinos gleichzustellen und somit wertzuschätzen;

Die Baunutzungsverordnung entsprechend dahingehend zu verändern, dass Clubs und sonstige Kulturorte dieser Art in die Kategorie der „Anlagen für kulturelle und sportliche Zwecke“ neu eingeordnet werden.

Es bedarf einer koproduktiven Zusammenarbeit von Stadt und Clubkultur, um diese kulturellen Einrichtungen im Bestand zu schützen und Neugründungen zu Begünstigung. Dazu muss der Möglichkeitsraum kommunaler Millieuschutzmaßnahmen voll ausgeschöpft werden, etwa in Bezug auf Flächennutzungspläne, Bauverordnungen, eine angemessene Anwendung von Brand- und Lärmschutzbestimmungen, etc.

3. Das Baugesetzbuch wird dahingehend geändert, dass a) Kulturschutzgebiete geschaffen werden. Kulturschutz wird als Teil der Erhaltungsordnung (§172 BauGBB eingeführt;
b) eine neue Baugebietskategorie „Kulturgebiet“ eingeführt wird, um bestehende Clubs vor Verdrängung zu schützen und die Ansiedlung neuer Clubs auch in Innenstädten zu ermöglichen.

5. bei der anstehenden Novelle des Baugesetzbuches in § 172 bezüglich der Erhaltung baulicher Anlagen und der Eigenart von Gebieten (Erhaltungssatzung) die Möglichkeit der Ausweisung von Kulturerhaltungsgebieten einzuführen;

4. Die Einführung einer Gebietskategorie „Kulturgebiet“ in der BauNVO könnte künftig als ein Instrument des Planungsrechts dienen, um die besondere Schutzwürdigkeit (insbesondere bei heranrückender Wohnbebauung) einer Immobilie bzw. dessen Grundstück auszuweisen. Bei Einsatz dieser Maßnahme durch eine Kommune würde der missliche Umstand von LiveMusikspielstätten (oder auch anderen Gewerbebetrieben) behoben, die in der Regel als Gewerbemieter nur über kurze Mietverträge verfügen und häufig nicht über den Status einer Gemeinnützigkeit verfügen.

3. Kommunale Kulturförderung

Wir fordern die Einbeziehung der Clubkultur in die kommunale Kulturförderung im Sinne der Festschreibung von Clubkultur in den Kulturentwicklungsplan der Stadt. Dabei ist die sukzessive und vor allem suffiziente Erhöhung des Kulturetats notwendig, um allen Kulturschaffenden, also auch denen der Club- und Livemusikspielstättenkultur eine angemessene Bezahlung zu ermöglichen. Damit die Akteur:innen vorhandene Fördermöglichkeiten in Anspruch nehmen, braucht es außerdem deren gezielte Bewerbung in den Szenen und einen Ausbau entsprechender Beratungsangebote. Das Klubnetz bietet sich hier als Schnittstelle an. Clubkulturförderung kann aber auch durch indirekte Maßnahmen, wie etwa die Schaffung kostenfreier Werbeflächen im Stadtgebiet erfolgen. Eine Bedarfserhebung seitens der Stadt könnte zudem Aufschluss über förderbare Sanierungsvorhaben geben.

4. Nachtbürgermeister:in

Die Nacht birgt andere Potentiale als der Tag, aber auch andere Problemlagen. Das betrifft neben der Club- und Livemusikkultur auch die legalen und illegalen Openairs im Sommer sowie die zahlreichen (Musik-)Bars und Spätshops im Stadtgebiet. Prekäre und gesundheitsschädliche Arbeitsbedingungen, Nutzungskonflikte, Lärmbeschwerden oder andere Anwohner:innenprobleme bedürfen einer versierten, szeneaffinen Vermittlungsinstanz; genauso wie der Dialog zwischen Clubkultur und städtischen Stellen, wie etwa der AG Ordnung und Sicherheit des Stadtbezirksamtes. In einigen europäischen Großstädten sind solche als Nachtbürgermeister bekannte Stellen bereits geschaffen worden. Auch Dresden sollte an dieser Stelle einen wichtigen Impuls setzen.

5. Schallschutzförderung

Im Zuge der Verdichtung und Aufwertung von Stadt werden gezielte Maßnahmen nötig, um ein Nebeneinander von Wohnen und Clubkultur zu ermöglichen. Das betrifft in erster Linie den Schallschutz, für deren Umsetzung Clubs- und Livemusikspielstätten Unterstützung benötigen, etwa in Form eines Fonds auf Landesebene.

1. Clubs und Livemusikspielstätten sowie die landeseigenen und kommunalen Schallschutzfonds bei der Verbesserung des Schallschutzes zu unterstützen, etwa über einen Schallschutzfonds des Bundes oder die Städtebauförderung;
2. das „Agent of Change“- Prinzip durch eine Gesetzgebung bundesweit einzuführen, damit die heranrückende Bebauung an schützenswerte Kultureinrichtungen bereits beim Bau für einen angemessenen Schallschutz Sorge tragen muss;
7. Clubs und Livemusikspielstätten finanziell mit Hilfe von Instrumenten, wie den Bundes-Schallschutzfonds, dabei zu unterstützen, neue Investitionen und Auswirkungen, die aus Neuregulierungen, bspw. durch die von der Weltgesundheitsorganisation AWHOB in Aussicht gestellten weltweiten Standards zu Schallregulierung in Veranstaltungsorten, aufzufangen und die Mittelausstattungen der Förderinstrumente entsprechend anzupassen;

4. Lärmschutzregularien werden auf Angemessenheit geprüft. Es wird ein Bundeslärmschutzfonds eingerichtet, um Lärmschutzmaßnahmen an und um Clubs zu finanzieren.
5. „Agent-of-change-Prinzip“ – Bei Bauvorhaben bzw. bei Eigentumswechseln in der Nähe bestehender kultureller AnlagenAClubs) werden die heranrückenden Investorinnen und Investoren bzw. neuen Eigentümerinnen und Eigentümer verpflichtet, selbst für etwaig nötige Lärmschutzbaumaßnahmen zu sorgen.

c. Analog zur Regelung bei bestehendem lärmintensiven Gewerbe soll bei umfassender und vorliegender Information über mögliche bestehende Lärmquellen (Beispiel „Clubkataster“) die Einführung des „Agent-of-Change“-Prinzips umgesetzt werden, bei der die Verantwortung auf die heranrückende Wohnbebauung übergeht.
d. Im Hinblick auf technische Innovationen und städtebauliche Entwicklungen und verändertem Freizeitverhalten der Bevölkerung wie regelmäßigen Besuchen in Clubs und entsprechend der Ergebnisse der 133. Bauministerkonferenz soll die „Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm“ auf ihre Aktualität und Angemessenheit hin überprüft und entsprechend reformiert werden, insbesondere gilt das für die Immissionsrichtwerte nach § 6.1.

6. Clubkataster

Wir fordern die Schaffung eines Dresdner Clubkatasters. Aus der Gegenüberstellung der Standorte von Musikspielstätten mit den entsprechenden aktuellen Bebauungsplänen und Sanierungsgebieten sollen mögliche Konflikte rechtzeitig für Interventionen deutlich werden.

6. die Verbindlichkeit von Clubkatastern und die Bürgerbeteiligung bei der Erstellung von Clubkatastern mit Hilfe einer Mietereinbindung zu verbessern und hierfür bei der anstehenden Novelle des Baugesetzbuches in § 9 BauGB die Kennzeichnung von Kulturräumen in Bebauungsplänen zu ermöglichen (bspw. in § 9 Abs. 5 BauGBB;

7. Mietrechtlicher Schutz & Notfallintervention

Wo Clubkultur existentiell von Immobilienmarktmechanismen bedroht ist, fordern wir nötigenfalls den städtischen Erwerb der Grundstücke, um sie dem Markt zu entziehen und die ansässigen Spielstätten vor Mietpreis-Steigerungen und Spekulation zu schützen.

8. einen mietrechtlichen Schutz für gewerbliche und kulturelle Einrichtungen, besonders hinsichtlich der Begrenzung von Mieterhöhungen für Gewerberäume, des Kündigungsschutzes, der Mindestvertragslaufzeiten und des Anspruchs auf Vertragsverlängerung, gesetzlich festzuschreiben;

6. Mietrechtlicher Schutz für Gewerbe und kulturelle Einrichtungen durch
a) Regelungen zur Begrenzung von Mieterhöhungen für Gewerberäume;
b) Verbesserung des Kündigungsschutzes durch Regelungen für höhere
Mindestvertragslaufzeiten und für Rechtsansprüche auf Vertragsverlängerung;
c) die Erstellung von Gewerbemietspiegeln zur verbindlichen Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete.

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